STRAUPITZ. Wer Girolamo Frescobaldi war, hat man
aus dem Musikunterricht vielleicht noch in Erinnerung. Den Namen Johann
Sebastian Bach müsste man jenen erklären, die den Unterricht
geschwänzt haben. Wer aber war Jean-Adam Guilain, wann lebte der
Komponist Max Reger? Fragen, die mit einem Konzert in der Straupitzer
Schinkelkirche am Sonntag beantwortet wurden.
Die Sopranistin Brigitte Ga-nady, heute wohnt
sie in Wußwerk, singt aber im Berliner Ernst-Senff-Chor und gastierte
auf vielen in- und ausländischen Bühnen solistisch, stand
auf der Orgelempore in Straupitz. Mit ihr der Komponist und Organist
der katholischen Pfarrgemeinde St. Otto in Berlin-Zehlendorf, Karl-Hans
Gehr. Beide bewiesen, dass geistliche Vokal- und Orgelmusik unterhaltsam
und vor allem wissens-erweiternd sein kann, ohne den Anflug von Ermüdung
aufkommen zu lassen.
Frescobaldi schenkt den Or-ganisten beim Spielen
seiner Werke nichts an Kunstfertig-keit. Der Organist der Pe-terskirche
in Rom, ein Renais-sance-Komponist, gab Gehr die "Toccata e canzona
in d" auf -
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ein kraftvoll klingender Ein-stieg in das gut einstündige Konzert.
Brigitte Ganady erinnerte mit "Eile, mich, Gott, zu erretten"
an einen Zeit-genossen des römischen Organisten, an Heinrich Schütz.
Gemeinsam mit dem Organisten gestaltete sie, stimmlich wohl klingend
und in der Kirche gut verständlich, dieses Kleinod des älteren
Kulturerbes. Sie war es auch, die drei Lieder von Antonin Dvorak mit
Orgelbegleitung sauber und stimmlich differenziert sang.
Gehr seinerseits machte mit einer Suite von Jean-Adam
Guilain (der französische Meister lebte zwischen 1702 bis 1739)
bekannt, die viele Möglichkeiten der Orgel mit ihren 24 Registern
hörbar machte -vom fröhlich-kräftigen Trio bis zu getragenen
Teilen, bei denen die dunklen, tiefen Töne das Kirchenschiff erfüllten.
Orgelmusik von Felix Men-delssohn-Bartholdy gilt für
viele als Geheimtipp. Dass dem so sein kann, bewies Organist Gehr mit
dem "Praeludium und Fuga" in C-Dur des roman-tischen Meisters,
der Bach für die Nachwelt wieder entdeckte und dessen musikalische
Anlehnung an den großen
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Barock-Komponisten unüber-hörbar ist.
Mut zeigten die Programm-Gestalter, als sie Max Reger
Stücke und Lieder einräumten. Ihm wird eine verschleierte
Harmonik nach Wagner nach-gesagt, die Vorliebe für Variati-onen,
die Anlehnung an die musikalische Strenge Bachs - alles das zeigten
die fünf geistlichen Lieder Regers. Auch sein Orgel-Choral "Vater
unser im Himmelreich", der dem Thema angemessen große Ruhe
ausstrahlt und mit seinen dunklen Melodien Wärme suggeriert, bewies
die Einschätzung.
Eine Programm-Änderung brachte dem Publikum ein
be-sonderes musikalisches Juwel. Karl-Heinz Gehr war offen-sichtlich
auf die Straupitzer Orgel neugierig geworden. Er spielte die weltberühmte
"Toc-cata und Fuge d-Moll" (BWV 565) mit einer Lebendigkeit,
in der Fuge kraftvoll wie sensibel, dass die Königin der Instru-mente
in Straupitz ihre Klangpracht voll entfalten konnte.
Konzerte in Kirchen der Re-gion, das zeigte Straupitz,
kön-nen musikalische Kostbarkeiten sein. Wer als Freund dieser
Musik nicht da war, der könnte was versäumt haben, (-ds)
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